Gesetzesnovelle soll Reklameflut beenden
Endlich Ende mit der Reklameflut?
Seit Ende 2015 ist das neue polnische Landschaftsgesetz in Kraft. Es versteht den öffentlichen Raum als Gemeingut und gibt den Kommunen landesweit unter anderem die Möglichkeit, der schrillbunten überbordenden Flut von Reklameschildern und anderen Werbemitteln Einhalt zu gebieten. Dabei geht es nicht um ein generelles Werbeverbot, sondern um Regeln für Einheitlich- und Zumutbarkeit. Nachdem bereits viele Gemeinden ihr äußeres Erscheinungsbild so stark aufwerten konnten, will das beliebte Seebad Świnoujście (Swinemünde) nun auch nachziehen.
Eine entsprechende Verordnung ist bereits seit vergangenem Frühjahr in der Ausarbeitung. Derzeit werden Gespräche mit den Bürgerinnen und Bürgern durchgeführt, um deren Standpunkt in die Pläne einzuarbeiten, die dann in einer gegebenenfalls überarbeiteten Version dem Stadtrat zur endgültigen Abstimmung vorgelegt werden. Der Stadt ginge es vor allem darum, die architektonischen Perlen und Grünflächen angemessen zur Geltung kommen zu lassen. Derzeit gebe es immer noch viel zu viele Werbemittel, die den freien Blick auf manche Straßenzüge versperren. Dabei soll nicht nur das Erscheinungsbild der Reklame vereinheitlicht, sondern auch das der verschiedenen Außenanlagen von Gewerbetreibenden besser aufeinander abgestimmt werden. Das betrifft vor allem die Einhegung von Geschäftsflächen.
Bei der Umsetzung sollen zwei verschiedene Maßstäbe verbindlich sein. Zum einen soll es Regeln geben, die für das gesamte Stadtgebiet gelten. Darüber hinaus wird dieses in Vier Zonen eingeteilt, in denen jeweils noch eigene angepasste Sonderregelungen gelten sollen. Diese Zonen sind das Kurgebiet, die Ortszentren, Hafen- und Industrieflächen sowie die naturräumlichen Landschaften. Die Stadt betont ausdrücklich, dass Gewerbetreibenden nicht die Möglichkeit auf Außenwerbung genommen werden soll. Diese müsse aber endlich vereinheitlicht werden. Außerdem sollen beispielsweise ortsfremde Werbetafeln komplett verboten werden.
Alle Jahre wieder: Dieser Artikel ist eigentlich schon vier Jahre alt, geändert hat sich bis heute nichts:
Wer etwas zu verkaufen hat, will gesehen werden. Vielerorts gehören daher Reklameschilder in allen Größen zum polnischen Alltag - auch an der polnischen Ostsee. Der allgemeine Wildwuchs führt seit über 20 Jahren dazu, dass Werbung im Außenraum immer schriller, bunter und größer sein musste, um überhaupt noch wahrgenommen zu werden. Die bisherige Gesetzeslage beinhaltete keine Werkzeuge, um die Flut privater Werbung im öffentlichen Raum einzudämmen. Das neue Landschaftsgesetz (Ustawa Krajobrazowa) soll hier künftig Abhilfe schaffen und auch die Willkür bei architektonischen Neubauprojekten eindämmen. Profitieren können hier auch die polnischen Seebäder, deren Erscheinungsbild noch ansprechender werden soll.
Das neue Gesetz wurde unlängst verabschiedet und soll am 11. September in Kraft treten. Schon lange sahen es auch viele Polen als notwendig an, etwas gegen die Schilderflut zu unternehmen. Die Mehrheit hatte sich nach 1989 aber zunächst damit arrangiert, waren Reklame und der damit verbundene Konsum doch ein Symbol für die neue Zeit und die Abkehr von der kommunistischen Vergangenheit. Doch im Laufe der Jahre kam es zu den skurrilsten Auswüchsen, stieg der Unmut. Als schließlich ganze Wohnblöcke oft jahrelang hinter riesigen Werbewänden verschwanden, die kaum Tageslicht ins Innere ließen, war der Gipfel erreicht.
Das neue Gesetz definiert haargenau solche Begriffe wie Reklame, Werbeschild, Landschaft, Kulturlandschaft oder prioritäre Landschaft. Damit verbunden sind schärfere Auflagen für die Kommunalverwaltungen. Gemeinderäte haben in deren Rahmen die Möglichkeit eigene Reklameverordnungen zu verabschieden, welche auf Grundlage des Gesetzes Größe, Material und Standort für Reklame begrenzen. Die Kontrolle der Einhaltung des Gesetzes liegt bei den Verwaltungen der einzelnen Woiwodschaften.
Aufgabe der Woiwodschaftssejmiki ist es, prioritäre Landschaftsgebiete zu definieren und auch Regelungen für Bauten zu schaffen, die im Einklang mit dem neuen Gesetz stehen. So sollen hier Höhe, Gestaltungsmerkmale und auch verwendete Materialien beziehungsweise die Berücksichtigung traditioneller Bauweisen festgeschrieben werden. Auf diese Weise will der Gesetzgeber ein harmonischeres Gesamtbild sowohl alter Ortskerne als auch von Neubaugebieten garantieren.
Beispiel für immer größer werdende Reklame in Städten - Foto: shutterstock_295938482
Wer künftig auf eigene Faust Werbung im öffentlichen Raum aufstellt und gegen die Gesetzesvorgaben verstößt, wird mit empfindlichen Strafen belegt. Bußgelder können so schon einmal das 40-fache der von den Gemeinden festgelegten Reklamegebühren erreichen. Den Gemeinden und Woiwodschaften wird nach Inkrafttreten des Gesetzes zunächst Zeit für die Ausarbeitung eigener Regelwerke und die Beseitigung der bestehenden Reklame gegeben.
Städte wie Koszalin (Köslin) oderDarłowo (Rügenwalde) haben bereits angekündigt, ihre Straßen, Plätze und Freiflächen so schnell es geht, von unästhetischen Werbemitteln zu befreien. Im Rahmen einer landesweiten Aktion entstehen zudem in vielen Städten derzeit Wandbilder, die einen künstlerischen Akzent im Außenraum setzen wollen. So ziert seit kurzem ein Bild die eher unansehnliche Wand des Gimnazjum in Kołobrzeg (Kolberg). Der Entwurf von Dawid Celek gewann zuvor einen Bürgerentscheid. Die Silhouette eines Mädchens, das aus Seifenblasen einen Dreimaster entstehen lässt, erinnert an die Street-Art des berühmten britischen Künstlers Banksy.
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